Scharbockskrautblüte (Ficaria verna), botanisches Modell, ca. 10fache Vergrößerung
Die Kamille gehört zur Pflanzenfamilie der Korbblütler oder Köpfchenblütler (Asteraceae, alter wissenschaftlicher Name: Compositae). Diese Familie ist allgemein dadurch gekennzeichnet, dass die Einzelblüten dicht zu Köpfchen zusammengefasst sind. Die Nomenklatur der Kamille ist etwas verwirrend da mehrere Synonyme gültig sind. Deshalb findet man auch noch öfters die Namen Matricaria chamomilla oder Chamomilla recutita. Die Kamille blüht auf Äckern, vor allem am Rande von Getreidefeldern, Brachen und frischen, nährstoffreichen Ruderalstellen. Die Kamille ist ein wärmeliebender Lehmzeiger und bevorzugt meist kalkarme Böden. Sie ist bereits seit der jüngeren Steinzeit ein Kulturbegleiter (Archäophyt).
Bei unserem botanischen Modell sind sowohl der Blütenstand als auch eine einzelne Röhrenblüte sehr detailliert und anschaulich dargestellt. Der Blütenstand ist dabei 10-fach vergrößert und im Längsschnitt dargestellt, um die inneren und äußeren Strukturen zu verdeutlichen. Die voll aufgeblühte Röhrenblüte ist 70-fach vergrößert und erlaubt dadurch eine detaillierte Ansicht ihres Aufbaus. Der Blütenstand und die Röhrenblüte stehen stabil auf einem Stativ mit Sockel.
Aufbau des Blütenstandes (ca.10-fache Vergrößerung):
Die Blütenköpfchen der Kamille bestehen aus zwei Blütentypen: am Rand findet man 10 bis 20 weiße Zungenblüten. Da diese Blüten nur eine Symmetrieebene besitzen nennt man diese Blütensymmetrie zygomorph. Die Zungenblüten sind anfangs mehr oder weniger waagrecht ausgebreitet und werden im Laufe der Blütezeit stark nach unten herabgeschlagen. Die Zungenblüten sind weiblich. Durch ihre reinweiße Färbung locken sie Bestäuberinsekten an. Im zentralen Bereich des Köpfchens findet man eine Vielzahl von im Kreis angeordneten kleinen, gelben zwittrigen Röhrenblüten. Da diese Blüten mehrere Symmetrieebenen besitzen, werden sie als radiär bezeichnet. Die bis zu 200 Einzelblüten werden durch grüne, in einer Reihe angeordnete Hochblätter, den so genannten Hüllblättern (=Involukralbrakteen); zu einem Köpfchen zusammengefasst. Durch das Vorhandensein von beiden Blütentypen – Zungenblüten und Röhrenblüten – unterscheidet sich der Aufbau der Kamille von manchen anderen Korbblütlern wie zum Beispiel dem Löwenzahn, welcher nur Zungenblüten besitzt. Siehe im Gegensatz dazu Modell Löwenzahn (Artikelnummer T21022 ) Die Einzelblüten befinden sich auf einem konisch geformten (kegelig verlängerten), beim Durchbrechen hohlen Köpfchenboden. Dieser „nackte“ Köpfchenboden, ohne Tragblätter an den Einzelblüten, ist zusammen mit den herabgeschlagenen Zungenblüten und dem aromatischen Duft der Echten Kamille ein wichtiges Bestimmungs- und Unterscheidungsmerkmal zur ebenfalls sehr häufigen Geruchlosen Kamille (Matricaria inodora). Die Entwicklung der zwittrigen Röhrenblüten (ca. 200 bis 300 Stück pro Blütenkopf) erfolgt nicht gleichzeitig, sondern verläuft kreisförmig vom äußeren Rand beginnend zur zentralen Mitte hin. Dadurch werden über einen längeren Zeitraum immer wieder bestäubungsfähige Blüten präsentiert, was die Blütenköpfe von ungünstigen Witterungen unabhängiger macht und eine erfolgreiche Bestäubung und Befruchtung der Einzelblüten durch verschiedene Insekten sicherstellt. Im vorliegenden Modell sind die Blüten des äußersten Blütenkreises in einem reifen Zustand dargestellt. Zur Mitte hin sind die Blüten noch unreif bzw. noch geschlossen.
Aufbau der Röhrenblüte (ca. 70-fache Vergrößerung)
Dargestellt ist eine voll aufgeblühte Röhrenblüte. Die Röhrenblüte besitzt (wie auch die randständigen Zungenblüten) einen unterständigen, aus zwei Fruchtblättern bestehenden Fruchtknoten. Der Kelch ist bei der Kamillenblüte vollständig zurückgebildet, d.h. im Gegensatz zu vielen anderen Korbblütlern besitzt die Kamillenblüte keinen Pappus (= zu fedrigen Flughaaren reduzierte Kelchblätter). Die fünf Kronblätter sind zu einer engen leicht taillierten Röhre verwachsen. Diese ist im unteren weißlich-transparenten Teil leicht kugelig erweitert und endet oben in fünf sich nach außen öffnenden gelb gefärbten Zipfeln. Am Grund der Röhrenerweiterung setzen die Fäden (Filamente) der fünf Staubblätter (Stamina) an. Die Staubbeutel (Antheren) sind zu einer Röhre verwachsen, die den aus der Blütenröhre weit herausragenden zweinarbigen Griffel umgibt. Auffallend sind dabei die papillösen Enden der beiden leuchtend gelben Narbenäste. Ein weiteres relativ unscheinbares Detail an der Röhrenblüte der Kamille ist der Steinzellenring am Grunde des Fruchtknotens. Sowohl Teile der papillösen Narbe als auch der Steinzellenring des Fruchtknotens sind ein wichtiges diagnostisches Merkmal für Pharmazeuten um in pulverisierten Blüten-Drogen die Anwesenheit von Kamillenblüten nachzuweisen. Zur Verhinderung der Selbstbestäubung sind die Blüten proterandrisch (= vormännlich), d.h. die Staubblätter reifen vor den Fruchtblättern. Durch dieses zeitlich getrennte Reifen von Staub- und Fruchtblättern innerhalb einer Blüte kann die Wahrscheinlichkeit einer Fremdbestäubung durch andere Blüten erhöht werden: Bei einer noch geschlossenen Röhrenblüte (dargestellt im Blütenstandsmodell im zentralen Bereich des Köpfchens) reicht der Griffel noch nicht bis zur Staubblattröhre empor, die beiden Narbenäste liegen eng aneinander. In der nächsten Entwicklungsphase öffnen sich zuerst die Pollensäcke nach innen und füllen die Antherenröhre mit Pollen auf. Der durch die Röhre wachsende noch unreife Griffel schiebt die Pollen dabei nach außen. Beim Öffnen der Kronröhre wird jetzt der Pollen am Griffel dargeboten und kann von Insekten „geerntet“ werden. Ist der Pollen abgeholt, spreizen die Narbenäste auseinander. Anschließend kann die Narbe den Pollen einer anderen Blüte aufnehmen. Die Frucht der Korbblütler ist eine einsamige Schließfrucht, die man Achaene nennt.
Folgende Charakteristika sind im Modell demonstrierbar:
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1 Hohler Köpfchenboden
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2 „Nackter“ Köpfchenboden mit Röhrenblüten ohne Tragblätter
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3 Radiära Röhrenblüten (im äußeren Randbereich ausgereift; zur Mitte hin unreif, noch geschlossen)
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4 Zygomorphe Zungenblüten, im Blühstadium herabgeschlagen
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5 Griffel mit papillösen Narben
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6 Staubbeutelröhre
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7 Kronblattröhre, 5-zipfellig
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8 Staufäden (Filamente)
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9 Unterständiger Fruchtknoten
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10 Steinzellenring an der Fruchtknotenbasis